Die richtige Belichtung
Eine akkurate Belichtung ist einer der Schlüssel zu guter Fotografie: Das wichtigste, was Du an Technik bei der Fotografie wirklich erlernen musst, ist die Belichtung und die Wirkung, den sie auf Deine Fotos hat. Die meisten Menschen verstehen diese Technik nicht und wenn sie glauben, sie würden sie verstehen, verstehen sie sie meist falsch. Leider. Neben Verwacklungen beim Fotografieren ist die schlechte Belichtung einer der Hauptgründe, warum miserable Fotos entstehen. Das hat aber fast immer damit zu tun, weil sich fast alle die fotografieren auf die automatische Belichtungsmessung verlassen – und die misst, bei aller guter Technik, meist falsch.
Die meisten modernen Kameras, selbst relativ günstige Kompaktkameras, haben eine hochwertige, eingebaute TTL-Belichtungsmessung mit der Mehrpunktmessung, die Lichtstufen über dutzende – in einigen Fällen hunderte – von Punkten innerhalb des Bildes bemisst, das Ergebnis sofort mit Belichtungssituationen in der eingebauten Fotothek vergleicht, und automatisch die Verschlusszeit und Blende anpasst, um Probleme wie Hintergrundbeleuchtung, Nahaufnahmen oder bewegende Motive, zu beheben. In den meisten Fällen funktionieren automatischen Belichtungssysteme sehr gut und man kann sich auf sie in den meisten Situationen verlassen. Allerdings kann selbst das beste automatische Messgerät ausgetrickst werden, was zu schlecht belichteten Fotos führt. Damit dies nicht passiert, kann man nur dazu raten, dass automatische System (Programmautomatik) auszuschalten und die Belichtung auf manuell umzustellen.
Am besten verdeutlichen lässt sich dies an ein paar Beispielen.
In diesem Bild sehen wir ein recht gewöhnliches , hell beleuchtetes Porträt einer hellhäutigen Dame, die gegen einen sehr dunklen Hintergrund aufgenommen wurde. Dies wurde in der automatischen Belichtungseinstellung einer typischen Kompaktkamera aufgenommen. Wie Du siehst hat die Kamera das Gesicht der Dame stark überbelichtet, wodurch Details im hellen Bereich verloren gingen. | In diesem Beispiel wurden mit der gleichen Kamera zwei Damen aufgenommen, diesmal jedoch gegen ein helles Fenster. Hier hat die automatische Belichtung der Kamera stark unterbelichtet, wodurch die Gesichter der Damen im Schatten sind und Details der hellen Bereiche gut zu erkennen sind. |
Der gleiche, normalerweise verlässliche Belichtungsmesser hat beide Aufnahmen gemacht, was lief also falsch? Bei der Kamera, das kann man schon mal vorab sagen, lief alles richtig, sie hat die ihr gestellten Aufgaben erfüllt. Hier ist etwas dunkel, ich muss heller belichten (links), und hier ist eigentlich alles zu hell, ich muss dunkler belichten (rechts). Die Kamera kann ausführen, aber nicht denken. Das musst Du als Fotograf glücklicherweise noch selbst 😉
Um zu verstehen, was geschehen ist und wie man es richtig korrigiert, muss man wissen, wie Belichtungsmesser funktionieren und Belichtungen kalkuliert werden.
Die Belichtung verstehen
Schau Dir das Foto ganz oben an. Dort siehst Du eine Szene vielleicht 20 Minuten vor einem Sonnenuntergang im Winter im brandenburgischen Deutschland, mit guten Tonwerten, einer Fülle Farben und starkem Sonnenlicht. Was der Belichtungsmesser Deiner Kamera sieht ist folgendes: Probiere es selbst einmal aus. Suche Dir einen schönen durchschnittlichen Schnappschuss heraus, der anständig beleuchtet ist und einen guten Kontrast aufweist. Öffne eines Deiner Bildbearbeitungsprogramme und darin das Foto. Belichtungsmesser sehen nur Schwarz und Weiß, reduziere daher die Sättigung auf Null (0). Da Belichtungsmesser keine Details erkennen, setze den Gaussian Blur Filter auf den maximalen Durchmesser und tue dies einige Male. Miss mit der Pipette die RGB Farbwerte des resultierenden Tons. Der mittlere Grauwert sollte nun ausgeglichen sein, währen die RGB-Farbwerte ca. 127, 127, 127 betragen. Es ist eine interessante und kuriose Tatsache, dass jede durchschnittliche Szene 18 Prozent des einfallenden Lichts reflektiert. Schau einmal aus dem Fenster, reflektiert die Szene, die Du siehst, den gleichen Lichtanteil, wie die Szene die ich der Verfasser dieser Zeilen aus meinem Fenster sehe.
“Abgesehen von Kameraverwacklungen sind schlechte Belichtungen wahrscheinlich der Hauptgrund für ruinierte Fotos. Das größte Problem ist, dass man sich zu sehr auf automatische Belichtungsmessungen verlässt.”
Die 18 Prozent Reflektion entspricht dem mittleren Grauwert, der sich mittig zwischen Schwarz und Weiß befindet, und Lichtmesser werden dementsprechend kalibriert. Wenn Deine Kamera Licht misst, gleicht der Lichtmesser die Szene aus und passt die Belichtung so an, dass genau dieser mittlere Grauton hergestellt wird. Wenn Du Deine Kamera auf einen schwarzen Bühnenvorhang richtest, wird sie versuchen, Schwarz in einem mittleren Grauwert umzusetzen, und wird daher überbelichten. Richtest Du sie auf Schnee, wird sie versuchen, Weiß in Grau umzusetzen, und wird somit unterbelichten.
Wie kann man die Belichtung anpassen?
Nehmen wir uns ein bisschen Zeit, um die Belichtungssteuerung und einige Terminologien zu erklären. Wenn Du bereits mit den Grundlagen vertraut bist, kannst Du in einem anderen Bericht weiterlesen.. Aber wer ist das schon…
In allen Kameras wird die Belichtung über zwei Einstellungen angepasst; die Blende und die Verschlusszeit. Diese steuern den Lichtanteil, der während der Aufnahme auf den Sensor trifft. Die Verschlusszeit erklärt sich von selbst, mit ihr wird bestimmt, wie lange Licht auf den Sensor fällt. Normalerweise wird dies über einen elektronisch gesteuerten mechanischen Verschluss vorm Sensor gesteuert, der sich sehr schnell zu einer genau berechneten Zeitspanne öffnet und schließt, normalerweise in wenigen hundertstel Sekunden. Eine doppelt so lange Verschlusszeit lässt natürlich doppelt so viel Licht rein, und ist sie nur halb so lange geöffnet, fällt auch nur halb so viel Licht rein. Die Blende ist buchstäblich nur eine Öffnung kann auf präzise kalibrierte Größen eingestellt werden. Eine kleinere Öffnung lässt weniger Licht rein. Diese kalibrierten Blendengrößen werden, aus weitgehend historischen Gründen, Stops bzw. F-Stops genannt. Wird die Blende einen Stop größer eingestellt, lässt sie die doppelte Menge an Licht rein. Aus sowohl historischen als auch mathematischen Gründen sind die Standard F-Stop Blendeneinstellungen, auf die Du am häufigsten stoßen wirst.
- f/1
- f/1.4
- f/2
- f/2,8
- f/4
- f/5,6
- f/8
- f/11
- f/16
- f/22
Die kleineren Werte beziehen sich afu größere Blenden und die größeren Werte auf kleinere Blenden. An vielen Kameras lassen sich die Blenden in Stufen von 1/3 eines Stops einstellen, aber es sind die Werte der ganzen Zahlen, die man sich einprägen sollte.
Führen wir uns einmal das folgende Beispiel vor Augen. Du richtest Deine auf automatische Belichtung eingestellte Kamera auf eine Szene und misst das Licht. Der Belichtungsmesser stellt die Blende auf f8 und 1/200 Sekunde. Die gleiche Belichtung kann durch eine Blendenerhöhung von einem Stop auf f5.6 und Halbierung der Verschlusszeit auf 1/400 Sekunde erreicht werden, da die gleiche Lichtmenge zum Sensor durchgelassen wird. Ebenso wird die gleiche Belichtung durch Reduzierung der Blende auf f11 und der Verschlusszeit auf 1/100 Sekunde erreicht. Wenn Du jedoch nur eine der Einstellungen änderst, verändert sich die Belichtung. Wenn in unserem Beispiel die Blende auf f5.6 eingestellt wird, die Verschlusszeit aber bei 1/200 bleibt, wird die Belichtung um einen Stop bzw. einem Belichtungswert erhöht, wodurch das Foto heller wird. Wird die Blende auf f11 verkleinert, wird die Belichtung um einen EV reduziert, wodurch das Foto dunkler wird. Ebenso ändert sich die Belichtung, wenn die Verschlusszeit geändert wird, die Blende aber nicht. Verdoppelt man die Verschlusszeit auf 1/400 bei f8 wird die Belichtung um einen Stop verringert. Halbiert man sie auf 1/100 wird die Belichtung um einen Stop vergrößert.
Das Zonensystem bei der Belichtung
1939-40 haben die wegbereitenden Fotografen Ansel Adams und Fred Archer ein auf dieser Tatsache basierendes Belichtungssystem entwickelt, das heute immer noch in Gebrauch ist. Es nennt sich das Zonensystem und ist wahrscheinlich das nützlichste fotografische Wissen, das Du erwerben kannst. Es gibt mehrere Variationen zum ursprünglichen System, aber ich halte mich an das, das am leichtesten zu verstehen ist. Angefangen mit 18% Grau als der Mittelpunkt, werden alle Töne zwischen der Mittelpunkt, werden alle Töne zwischen schwarz und weiß in 11 Zonen eingeteilt, die von 0-10 beziffert sind. Zone 0 ist schwarz und strukturlos und ohne sichtbare Details und einen RGB-Farbwert von 255, 255, 255. Der 18 Prozent mittlere Grauwert ist Zone 5 und sollte einen RGB-Farbwert von ca. 127, 127, 127 haben. Die Zonen stellen Belichtungswerte bzw. EV dar. Der Unterschied zwischen einer Zone und der Nächsten entspricht dem Unterschied zwischen einer Belichtungseinstellung und der Nächsten mit genau einem Stop höher oder tiefer.
“Die Zonen stellen Belichtungswerte bzw. EV dar. Der Unterschied zwischen einer Zone und der Nächsten entspricht dem Unterschied zwischen einer Belichtungseinstellung und der Nächsten mit genau einem Stop höher oder tiefer.”